Bewältigung der Lagervergangenheit in der Gegenwartsprosa aus Russland
Zu den brennenden Fragen der russischen Gegenwartsprosa der letzten 10 Jahre gehört nach wie vor, auch gut 20 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion, die Frage nach der korrekten Verarbeitung der Erinnerung an die stalinistischen Lager (GULAG). In diesem Zusammenhang wird die jüngere Generation der Schriftsteller:innen mit neuen Fragen und Problemen konfrontiert: Wer darf aus welcher Perspektive diese Vergangenheit bewerten, ihr eine einheitliche Bedeutung zuschreiben, sie gar in ein nationales Narrativ einbinden? Und welche Lehren soll man aus der Vergangenheit ziehen, um am Aufbau einer neuen Zukunft zu arbeiten?
Zur exemplarischen Lektüre stehen 4 repräsentative Romane, die die damit verbundenen öffentlichen Diskussionen in Russland (und im Ausland) am stärksten geprägt haben: Zuleikha öffnet die Augen (2015) von Guzel‘ Yachina, Luftgänger (2016) von Evgenij Vodolazkin, Archipel Solovki (2014) von Zakhar Prilepin und Der Himmel auf ihren Schultern (2012) von Sergei Lebedev.
Insbesondere wird im Seminar der Aspekt der Poetik und des Schreibstils in den Fokus genommen: welche Genres aus der Literatur der imperialen russischen oder sowjetischen Vergangenheit werden von den Schreibenden jeweils als Vorbild genommen: die mittelalterliche Chronik, der Abenteuer- bzw. ein Bildungsroman, oder die neuentdeckten Klassiker der Lagerprosa, wie z.B. Varlam Šalamov oder Aleksandr Solženicyn?
Kenntnisse des Russischen sind von Vorteil, aber nicht notwendig für die Teilnahme.
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