2a Praxis und Theorie der Erziehung (Gruppen 1 – 18)
Gruppe 1: Jeannette Windheuser
Sexuelle Gewalt im Generationen- und Geschlechterverhältnis
In dem Lektüre-Seminar werden zunächst Generationen- und Geschlechterverhältnisse als Bedingungen privater wie öffentlicher Erziehung eingeführt, um verschiedene Prämissen und Praktiken in der Regulation der Beziehungen von Erwachsenen und Kindern geschichtlich und theoretisch differenzieren zu können. In einem zweiten Schritt werden theoretische und empirische Befunde zu sexueller Gewalt im Generationen- und Geschlechterverhältnis hinsichtlich ihrer Implikationen für das professionelle Handeln in ihrem geschichtlichen Wandel diskutiert. Die Veranstaltung wird mit einzelnen Besuchen externer Wissenschaftler:innen und Fachkräfte als Referent:innen ergänzt, um eine mehrperspektivische Betrachtung des Gegenstands zu befördern. An dem Blocktermin erarbeiten wir gemeinsam exemplarisch Grundlagen für das professionelle Handeln im Kontext sexueller Gewalt im Generationenverhältnis. Bitte beachten Sie: Die Seminarteilnahme setzt ein thematisches Interesse wie auch die Bereitschaft voraus, sich durch intensive eigenständige Lektüre mit Theorie und Geschichte auseinanderzusetzen.
Gruppe 2 und 3: Cornelie Dietrich
Sprache, Sprechen, Stimme im Unterricht
Wir setzen uns zunächst damit auseinander, welche materiellen (körperlichen) Aspekte der Sprache im Sprechen der Lehrkräfte Inhalte konturieren und Beziehungen zu den Kindern gestalten, wie sich in Sprache ein Habitus realisiert. Wie man Kinder anspricht, an sie appelliert, sie ermuntert oder ihr Verhalten kommentiert und wie man sich selbst dabei „in Szene setzt“, hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen. Im geblockten, zweiten Teil des Seminars werden wir gemeinsam mit einer Schauspielerin einige praktische Übungen durchführen, die in einem Studienprojekt verarbeitet werden sollen. Entsprechend ist die Teilnahme an beiden Teilen verbindlich, sowie das Interesse an einer Verbindung von theoretischem und praktischem Arbeiten am Thema Voraussetzung.
Gruppe 4: Nicole Borsutzky
Seminartitel: Emotionen von Lehrkräften
In diesem Seminar werden Emotionen von (angehenden) Lehrkräften als zentrales Thema der Professionalisierung behandelt. Exemplarisch befassen wir uns vertieft mit negativen Emotionen, da sie im Erleben und im Umgang als besonders belastend und herausfordernd gelten. Im ersten Teil des Seminars nähern wir uns zunächst dem Phänomen der Emotionen über sinnlich-ästhetische Erfahrungen an. Anschließend setzen wir uns mit verschiedenen theoretischen Perspektiven auf Emotionen sowie empirischen Studien zu Emotionen in der Lehrer:innenbildung auseinander und erarbeiten eine Perspektive, die nicht nur darauf aus ist, negative Emotionen (bloß) zu unterdrücken bzw. zu „regulieren“, sondern auch deren produktive Dimension herausstellt. Im zweiten Teil des Seminars sammeln wir konkrete Praxisbeispiele, die Sie zu Fallbeschreibungen verdichten. Diese analysieren und reflektieren wir anschließend theoriegeleitet vor dem Hintergrund der Spannungsfelder des Lehrer:innenhandelns und diskutieren die Implikationen für die eigene Berufspraxis.
Gruppe 5 und 6: Gerald Blaschke-Nacak
Zuschreibungserfahrungen
Phänomenologisch an der Methodologie der Innsbrucker Vignettenforschung orientiert, wenden wir uns im Seminar Zuschreibungserfahrungen von Schüler*innen im Feld der Schule zu. So erarbeiten wir uns sowohl ein Verständnis des Phänomens der Zuschreibung als auch eine miterfahrende Forschungshaltung und erstellen sog. Vignetten, d.h. Kurzgeschichten mit anekdotisch-dichtem Charakter, um uns kindlichen Zuschreibungserfahrungen empirisch anzunähern. Dabei dient im Wesentlichen folgender Band zur Grundlage der Beschäftigung: Schwarz, J. F. (2018): Zuschreibung als wirkmächtiges Phänomen in der Schule. Studienverlag: Innsbruck.
Gruppe 7 und 8: Gerald Blaschke-Nacak
Ambivalenzen der Leistungsbewertung
Mit der Kompetenzorientierung und Individualisierung von Unterricht ist in bildungspolitischer sowie konzeptionell-institutioneller Hinsicht die Forderung nach einer Veränderung von Arten und Weisen der Bewertung schulischer Leistung verbunden. Unter anderem betonen die entsprechenden Bestrebungen ein Spannungsfeld zwischen der Anerkennung der individuellen Bezugsnorm auf der einen und der Orientierung an kriterialen oder sachlichen Bezugsnormen auf der anderen Seite. Im Studienprojekt werden wir vor dem Hintergrund machtkritischer Überlegungen 1. die Frage bearbeiten, welche Bedeutung die Kompetenzorientierung und Individualisierung grundschulischen Unterrichts für das Verständnis und die Bewertung von Leistung hat und 2. Handreichungen entwickeln, wie die verbundenden Spannungsfelder pädagogisch-konzeptionell bearbeitet werden können.
Gruppe 9: Gerald Blaschke-Nacak
Reflexionen und Reflexivität in der Lehrer:innenbildung
Sowohl im Kontext der Lehrer:innenbildung als auch in Bezug auf die berufliche Praxis von Lehrer*innen wird Reflexion und Reflexivität als etwas verstanden, das maßgeblich dazu beitragen kann, (das eigene) Lehrer*innenhandeln ‚gekonnt‘ zu überprüfen und ggf. Veränderungen vorzunehmen. Entsprechend sind die Forderungen nach einer Förderung der Reflexionsbereitschaft und -fähigkeit von Lehramtsstudierenden kontinuierlich gewachsen. In unserem Studienprojekt werden wir zunächst sowohl einige Formen, Befunde und Herausforderungen der Reflexion von Unterrichtsinteraktionen kennenlernen als auch über die ‚Reflexionsnorm‘ im Kontext der Lehrer*innenbildung nachdenken. Im Folgenden wird es dann darum gehen, auf Grundlage der eingebrachten Literatur ‚Reflexions- und Professionalisierungsanlässe der Lehrer*innenbildung‘ in den Blick zu nehmen.
Gruppe 10 und 11: Anna Carnap
Un/doing class? Un/doing gender? Berufe-Workshops mit Schüler*innen der 4. Klassen in Kooperation mit "Berliner Schulpate"
In Kooperation mit "Berliner Schulpate", einer der Handwerkskammer nahen, gemeinnützigen GmbH, führen die Studienprojektteilnehmer*innen sog. "Abenteuer-Beruf" - Workshops mit Kindern an Berliner Grundschulen durch. Ziel der Workshops ist es, "berufliche Orientierung schon frühzeitig in der Grundschule" zu bieten, "insbesondere in Vierteln, die als sozial benachteiligt gelten." (siehe Homepage berliner-schulpate.de) Ziel des Studienprojektes ist es, im Rahmen der Workshops Interaktionsprozesse und schulkulturelle Passungsverhältnisse zu beobachten und diese klassismus- und habitussensibel sowie geschlechterkritisch reflektieren und infragestellen zu können.
Das Studienprojekt bietet auf besondere Weise die Möglichkeit, gemeinsam Erfahrungen in der Institution Schule mit Kindern zu machen und diese theoretisch fundiert im Seminar zu reflektieren, also Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Für eine sinnvolle und erfolgreiche Seminarteilnahme ist die aktive Teilnahme an den Workshops notwendig. Die Workshops finden an zwei Tagen mittwochs im Semester zur Schulzeit statt, möglicherweise auch in Berliner Randbezirken zur ersten Schulstunde. Damit Sie sich die notwendigen Zeitfenster freihalten, sind mehr als 14 Seminartermine angegeben. Der in der Modulbeschreibung für das Studienprojekt vorgesehene Zeitaufwand wird aber insgesamt eingehalten.
Gruppe 12 und 13: Anna Carnap
Erziehung, Macht und Konfliktbearbeitung
Ausgehend von ausgewählten Erziehungs-, Macht- und Konflikttheorien sowie anwendungsorientierten Handlungs- und Kommunikationsmodellen werden Konfliktsituationen im Kontext Schule beobachtet und reflektiert. Eine zentrale Perspektivierung wird die unterschiedlich-machtvolle, gesellschaftliche Positioniertheit der Konfliktbeteiligten darstellen. Wie werden Anliegen zwischen Kindern und Erwachsenen (oder auch untereinander: zwischen Kindern und Kindern, Erwachsenen und Erwachsenen – je nach Beobachtungssituation) kommuniziert, verhandelt, ausgetragen? Welche Rolle spielen dabei gesellschaftliche Zugehörigkeits- und Ausgrenzungserfahrungen? Welche Rolle spielen institutionelle Erwartungen und Verantwortlichkeiten wie der schulische Bildungs- und Erziehungsauftrag oder die Aufsichtspflicht? Wie "politisch" (Rancière) ist der Konflikt? Ziel des Studienprojektes ist es, das eigene Deutungs- und Handlungsrepertoire in Konfliktsituationen zu erweitern, indem diese kontextabhängig machtsensibel und differenzkritisch reflektiert werden können. Die Teilnehmer*innen sollten die Bereitschaft mitbringen, sich an Rollenspielen und Dialogsequenzen zu beteiligen.
Gruppe 14: Anna Carnap
#teacherlife: Schule, Unterricht und Erziehung auf und mit Social Media
Auf Social Media Plattformen wie Instagram oder TikTok werden täglich neue sowie unterschiedliche Erziehungs- und Unterrichtstipps geteilt. In dem Studienprojektseminar wird einerseits Social Media als algorithmisiertes Feld des Erscheinens für Lehrer*innen analytisch und norm-kritisch in den Blick genommen: Wer spricht zu wem worüber? Welche und wessen Inhalte werden algorithmisch unterstützt bzw. verhindert? Andererseits werden die geteilten Inhalte theoretisch reflektiert: Welche Auffassungen von Erziehung, Kindheit und pädagogischer Beziehung werden relevant gesetzt, tradiert oder/und hinterfragt? Es besteht die Möglichkeit, Gruppendiskussionen mit Lehrkräften zu ausgewählten Social Media Inhalten zu erheben und auszuwerten. In diesem Fall beteiligen Sie sich an der Erhebung zu einer Pilotstudie über die Schule an der Social Media Schnittstelle, d.h. es besteht der Wunsch, dass Sie die erhobenen Daten der Dozentin zur Sekundärauswertungen zur Verfügung stellen. Ziel des Seminares ist es, den Diskursraum Social Media besser zu verstehen und gleichsam seine schulpädagogische und erziehungswissenschaftliche Relevanz auszuloten.
Gruppe 15: Lena Staab
Sexuelle Bildung in der Grundschule erforschen
Was ist sexuelle Bildung? Wo und wie kann diese in der Grundschule ansetzen? Wie kann inklusive sexuelle Bildung gestaltet sein? Wie können altersgerechte Methoden in der sexuellen Bildung implementiert werden? Welche Materialien sind besonders hierfür geeignet?
Dieses Seminar bietet eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Bedeutung, den Inhalten und der methodischen Umsetzung sexueller Bildung in der Grundschule. Neben theoretischen Grundlagen werden gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen im Seminar diskutiert und reflektiert. Anschließend an die theoretische Auslotung werden wir Materialien und Methoden sexueller Bildung sichten, analysieren und erproben, sowie in einem weiteren Schritt (weiter-)entwickeln und ggf. eigenständige Materialien konzipieren.
Gruppe 16: Lena Staab
Spielen und Lernen am Anfang der Schulzeit
Warum ist die Beschäftigung mit dem kindlichen Spiel für die Grundschulpädagogik relevant? Inwiefern sind Lernen und Spielen miteinander verbunden und wie werden sie im Unterricht, aber auch außerhalb dessen – auf dem Pausenhof oder am Nachmittag – vollzogen?
Zur Erklärung des für Kinder zentralen Phänomens des Spielens existieren zahlreiche theoretische Perspektiven und Zugänge (psychologische, kulturwissenschaftliche, anthropologische, historische, sozialwissenschaftliche, etc.); in diesem Seminar legen wir uns den Schwerpunkt auf sozialwissenschaftliche Perspektiven.
Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung stehen selbst geführte Beobachtungsstudien zum Thema Spielen und Lernen im Fokus, die anschließend mit der phänomenologischen Vignettenforschung interpretiert und gemeinsam im Seminar reflektiert werden.
Gruppe 17 und 18: Martin Brämer
Medienerziehung in der Grundschule – Erziehung im Kontext einer Kultur der Digitalität
Digitale Medien prägen zunehmend die Lebenswelt von Kindern und verändern grundlegende Erziehungsverhältnisse – sowohl in der Familie als auch in der Schule. In diesem Seminar werden wir uns daher mit verschiedenen, teils widersprüchlichen Erziehungsbegriffen auseinandersetzen und diese vor dem Hintergrund einer Kultur der Digitalität reflektieren. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass Erziehung als kultureller Vermittlungsprozess unter den Bedingungen digitaler Medien tiefgreifenden Transformationen unterliegt. Aber wie verändert sich Erziehung unter den Bedingungen einer Kultur der Digitalität? Inwiefern beeinflussen Plattformen wie YouTube, TikTok oder digitale Spiele die Sozialisation von Grundschulkindern? Welche Verantwortung tragen Lehrkräfte, wenn Kinder immer früher mit teilweise problematischen Inhalten, Algorithmen oder digitalen Interaktionsräumen in Berührung kommen? Müssen Kinder vor digitalen Medien geschützt werden, oder bedarf es vielmehr einer gezielten Befähigung zur reflexiven und kreativen Mediennutzung? Ab wann sind Kinder medien-mündig?
Neben der Auseinandersetzung mit erziehungswissenschaftlichen Theorien werden auch empirische Beispiele aus der Praxis diskutiert. Ziel ist es, ein tiefgehendes Verständnis für die Komplexität der Medienerziehung im Grundschulkontext zu entwickeln und daraus pädagogisch-didaktische Konsequenzen für die eigene Unterrichtspraxis abzuleiten.
2b Theorie, Empirie und Praxis in der allgemeinen grungschulpädagogischen Forschung (Gruppen 19 – 22)
Gruppe 19 Cornelie Dietrich
Sorge und Erziehung
In diesem Seminar werden wir uns forschungsbasiert mit Fragen zu Erziehungs- und Sorgeverhältnissen in der Grundschule beschäftigen. Was begünstigt, was hemmt eher die Möglichkeiten, in heterogenen Gruppen ein lernförderliches Klima zu schaffen? Wie erkennt man Bedürfnisse von Schüler:innen, wann verkennt man sie? Wer ist zuständig für die vielen von Kindern geäußerten Bedürfnisse in- und außerhalb des Unterrichts? Und wie geht man als Lehrkraft mit den eigenen Bedürfnissen, manchmal Hilflosigkeit um? Im Seminar werden wir materialbasiert und in Auseinandersetzung mit einer neueren Sorgeforschung solche Fragen in Verbindung mit eigenen schulpraktischen Erfahrungen bearbeiten.
Gruppe 20: Cornelie Dietrich
Neuere Forschungen zur Erziehungspraxis in der Grundschule
Eine der von der Kultusministerkonferenz erwartete Kompetenz aller Lehrer*innen bezieht sich auf die Erziehung der Schüler*innen und den Erziehungsauftrag der Schule. Was ist damit konkret gemeint und welche Praktiken des Erziehens finden sich in der Grundschule? Findet Erziehung neben der fachlichen Vermittlung von Inhalten statt, oder gibt es einen erziehenden Unterricht, wie Herbart postulierte, oder geht es gar nur um eine Erziehung zum Unterricht (im Sinne einer Disziplinierung, die Unterricht ermöglicht)? Im Dialog mit neueren Forschungen zu verschiedenen Dimensionen des Erziehens in Schule und Unterricht sollen die eigenen Erfahrungen aus der Schulpraxis bspw. im Praxissemester zum Thema Erziehung reflektiert werden.
Gruppe 21 und 22: Niels Uhlendorf
Beschämungen in der Schule
In diesem Studienprojekt setzen wir uns mit beschämenden Erfahrungen von ehemaligen Schüler:innen auseinander. Dafür nähern wir uns zunächst dem Begriff und Phänomen der Scham in pädagogischen Beziehungen an, beleuchten empirische Studien zur Schamerfahrungen in der Schulzeit und gehen auf Beschämungserfahrungen infolge der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, Schicht oder Klasse ein. Ausgehend davon sammeln wir biografische Beschreibungen von beschämenden Erfahrungen während der Schulzeit, werten diese gemeinsam aus und diskutieren ausgehend davon Implikationen für die Arbeit als Grundschullehrkraft. Als Teilnehmer:in dieses Studienprojekts beteiligen Sie sich an der Erhebung zu einer Studie über Beschämungen in der Schule, d.h. die gesammelten/erhobenen Daten stellen Sie für Sekundärauswertungen zur Verfügung. |