Für Kant gibt es einen so engen Zusammenhang zwischen Freiheit, Autonomie, Moral und Willensbestimmung durch reine praktische Vernunft, dass es manchmal gar nicht mehr klar zu sein scheint, wie es auch böses, d.h. freies unmoralisches Handeln geben kann. In seiner Schrift Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1793/94) stellt Kant eine Konzeption menschlicher Freiheit vor, die nicht nur die Möglichkeit des Bösen erklären soll, sondern diese Möglichkeit zugleich – als säkulare Variante der Sündenfallslehre – als wesentliches Merkmal des Menschseins charakterisiert. Schelling hat in seiner Schrift Über das Wesen der menschlichen Freiheit an Kants Lehre angeschlossen und sie natur- und religionsphilosophisch erweitert. Er hat dadurch nicht zuletzt eine Tradition der nach-kantischen Philosophie mitbegründet, die die dunklen und abgründigen Seiten menschlicher Existenz gegenüber dem rationalistischen Idealismus betonen.
Wir werden beide Schriften genau lesen und ihr Verhältnis zueinander diskutieren. Das Seminar wird ergänzt durch den diesjährigen Berliner Kantkurs, in dem Anfang Juli Julia Peters ihre Ideen zu Kants Freiheits- und Charakterlehre in der Religionsschrift vorstellen wird.
Texte: I. Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, Meiner Philosophische Bibliothek Bd. 545; F.W.J. Schelling, Über das Wesen der menschlichen Freiheit, Meiner Philosophische Bibliothek Bd. 503.
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