Kommentar |
Seneca ist der einzige römische Tragödiendichter, von dem uns Texte in einer vollständig erhaltenen Fassung vorliegen. Senecas Tragödien greifen auf griechische Vorbilder zurück, überarbeiten aber Figuren und Situationen im Rahmen eines für die Römer typischen sozialen und politischen Weltbildes.
In dieser Übung wollen wir uns der Lektüre von Senecas Tragödie Thyestes widmen und die wichtigsten Leitmotive dieses Textes herausarbeiten. Dabei werden wir uns mit folgenden Fragen beschäftigen: Wie wird Atreus’ Suche nach immer größerer Rache thematisiert? Welche metaliterarischen Konnotationen gehen mit der Darstellung von Atreus als Schöpfer des Racheplans und der trügerischen Versöhnungs- und Gastmahlszene einher? Welchen Beitrag leistet Fachwissen zur Gestaltung der Tragödie, z.B. medizinisches Wissen in der Passage über die Ermordung und Zerstückelung der Kinder des Thyestes oder Astralwissen in der Passage über die Sonnenfinsternis und den Niederfall der Tierkreissternbilder?
Zur thematischen Einführung und Anregung für weitere Forschungen empfohlen werden: A.J. Boyle (ed.), Thyestes. Seneca, Oxford 2017; R.J. Tarrant (ed.), Seneca's Thyestes, Atlanta, GA, 1985; A. Schiesaro, The Passions in Play. Thyestes and the Dynamics of Senecan Drama, Cambridge 2003; E. Bexley, Seneca’s Characters: Fictional Identities and Implied Human Selves, Cambridge 2022, 60-98, 309-29; C. A. Littlewood, ‘Gender and power in Seneca's Thyestes’, in J.G. Fitch (ed.), Oxford Readings in Classical Studies: Seneca, Oxford 2008, 244–63.
Als Textgrundlage dient: O. Zwierlein (ed.), L. Annaei Senecae tragoediae, Oxford 1986.
Eine vollständige Literaturliste wird am Semesteranfang bekannt gegeben. |