Wie spricht man mit einem Autokraten? Diese in den letzten Jahren unangenehm aktuell gewordene Frage musste sich auch Cicero stellen, nachdem Caesar sich im Bürgerkrieg durchgesetzt hatte und damit quasi zum Alleinherrscher geworden war. Ciceros Verhältnis zu Caesar war zeitlebens ambivalent, sein Caesarbild scheint so zwischen den Polen amicus und tyrannus zu oszillieren. Ein äußerst bemerkenswertes Dokument stellt daher die Rede Pro Marcello dar, in der Cicero auf den ersten Blick eine überschwängliche Lobrede auf den großartigen Feldherrn und zur Vergebung fähigen Machthaber schwingt. Aber Cicero wäre nicht der rhetorisch mit allen Wassern gewaschene Staranwalt, wenn er nicht auch in diese laudatio andere Tonarten mischen würde. Wir wollen im Grundkurs durch intensives close reading und gründliche Analyse der Makro- und Mikrostruktur des Textes diese Töne hörbar machen und so Ciceros Caesarbild als Alternative zum Eigenbild, das Caesar in seinen commentarii zeichnet, fassbar werden lassen. Flankierend hierzu sollen auch Auszüge aus anderen Cicerotexten dieser Zeit herangezogen werden.
Voraussetzung zum Erwerb der Studienpunkte ist neben regelmäßiger Teilnahme die sorgfältige Vorbereitung der zu behandelnden Texte sowie die Übernahme eines Kurzreferats oder eines vergleichbaren Beitrags.
Kopien der zu behandelnden Partien sowie weitere Informationen werden zu Semesterbeginn über Moodle abrufbar sein (Passwort wird den über AGNES-Anmeldung Zugelassenen per Mail mitgeteilt).
Lit.: H. C. GOTOFF, Cicero’s Caesarian Speeches. A Stylistic Commentary, Chapel Hill/London 1993 (Wiss. Text u. Kommentar). Cicero, Reden, hrsg. v. K. KEPLINGER, Stuttgart 2000 (Schulkommentar). U. RIEMER, Das Caesarbild Ciceros, Hamburg 2001.
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