Kommentar |
Die Fragwürdigkeit von Epochenbegriffen ist lange bekannt, gleichwohl sind sie noch in Gebrauch und tradieren weiterhin problematische Stereotypen. So lässt sich auch die sogenannte „karolingische Kunst“ nicht als dynastisches Produkt angemessen beschreiben und interpretieren. Das ist bereits traditionellen Stilhistorikern nicht ganz verborgen geblieben. Die jüngere politische Diagnose „Kunst als Herrscherrepräsentation“ ist ein gebetsmühlenartig immer wieder vorgetragener Allgemeinplatz, der den vielfältigen Quellenwert der architektonischen und bildnerischen Zeugnisse dieser Zeit ebenfalls nicht ins Blickfeld zu rücken vermag. Die Frage nach interkulturellen Dimensionen und Austauschphänomenen verspricht dagegen neue Ergebnisse, die auch für das Verständnis der heutigen globalen Welt relevant sein könnten. Das Seminar soll ausgehend von den Romreisen Karls des Großen in einer Art Fallstudie die Möglichkeiten einer für interkulturelle Phänomene sensiblen Neuerschließung der Kunst um 800 ausloten und prüfen. Es sollen dabei weniger „kulturelle Fusionen“ als Phänomene „kultureller Diversität“ ins Auge gefasst werden. |
Literatur |
Reudenbach, Bruno: Kulturelle Fusionen. Herkunft, Formung und Aufgaben der Kunst im frühen Mittelalter, in: Geschichte der deutschen Kunst, Band 1: Karolingische und ottonische Kunst, hrsg. von Bruno Reudenbach, München/Berlin/London/New York 2009, S. 8-31 (bietet eine generelle Einführung in aktuelle Fragen der frühmittelalterlichen Kunst). |