Kommentar |
Der Mythos ist der lebendigste Teil der Antike: Moderne Literatur schreibt die Erzählungen von Göttern, Heroen und Menschen und von deren verwickelten Verbindungen fort, Industrieprodukte heißen Ajax, Phaethon oder Zeus, Plastiken von Athena und Justitia schmücken politische Institutionen, und Freud nennt die antiken Kleinplastiken auf seinem Schreibtisch bloß „meine alten und dreckigen Götter“. Ziel der Einführung ist es, die antiken Quellen dieses Erzählkontinuums zwischen Religion, Kunst, Philosophie und Alltag zu erschließen. Gemäß Walter Burkerts Konzept von Mythos als „angewandter traditioneller Erzählung“ werden zunächst die Funktionen des Mythos in der griechischen Kultur untersucht, die von religiös-sozialer Aitiologie und politischer Legitimation bis zu philosophischer Letztbegründung und ästhetischem Vergnügen reichen. Allgemeine Perspektiven (Mythostheorien, Medien und literarische Gattungen, neuzeitliche Transformationen) sollen jeweils an einzelnen Mythen dargestellt werden. Vermittelt wurden die griechischen Mythen aber vor allem durch römische Autoren, insbesondere Ovid, sodass die Bedeutung griechischer Mythologie für Rom und die Konsequenzen dieses „Brechungseffektes“ für Rezeption und Transformation mitbedacht werden sollen.
Die Texte werden in Original und Übersetzung angeboten und so aufbereitet, dass die Lehrveranstaltung auch für Zuhörende ohne Griechisch- und Lateinkenntnisse geeignet ist. Ein ausgearbeitetes Programm mit Materialien und Hinweisen zu Ablauf und Textauswahl wird ab Mitte Oktober über Moodle zugänglich sein. Zur Übermittlung des Passwortes bitte ich um elektronische Voranmeldung unter: thomas.poiss@hu-berlin.de
Literatur: F. GRAF, Griechische Mythologie, Zürich 1991 (3. Aufl., dann Albatros-Verlag, zur Anschaffung empfohlen, z.Zt. leider vergriffen, aber antiquarisch leicht erhältlich); E. CSAPO, Theories of Mythology, Oxford 2005; T. GANTZ, Early Greek Mythology, Baltimore - London 1993. |