Kommentar |
Das Seminar geht von der Beobachtung aus, dass in gegenwärtigen Politiken zunehmend Kriminalisierung als Mittel gefordert und/oder eingesetzt wird, und zwar von Regierungsinstanzen, emanzipatorischen Unternehmungen und rechtspopulistischen Bewegungen. Soziale Probleme, so scheint es, werden häufig unter Bezug auf Il/Legalität, Un/Recht, Un/Gerechtigkeit diskutiert, Polizei, Gerichte und Gefängnisse als adäquate Institutionen zur Problemlösung angerufen oder emanzipatorische Forderungen an die Erweiterung des Strafrechts und konsequenterer Strafverfolgung gebunden. Doch was bedeutet das in Hinblick auf die Ausgestaltung von Demokratie?
In diesem Seminar erkunden wir die gegenwärtigen politischen Dynamiken der Kriminalisierung aus sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive und befragen sie intersektional auf ihre vergeschlechtlichten und vergeschlechtlichenden Dimensionen. Die ersten Seminarhälfte befasst sich mit dem Umgang mit und der Konstruktion von Kriminalität mit Hilfe theoretischer Konzepte. Gastbeiträge zu diversen kriminalisierten Felder veranschaulichen die theoretischen Zugänge. Im zweiten Teil wird das Seminar in drei Arbeitsgruppen geteilt, die sich mit unterschiedlichen Themenfeldern der Kriminalisierung und ihren geschlechtlichen Aspekten auseinandersetzenAbschließend werden die Ergebnisse der Gruppenarbeit präsentiert und auf die zentrale Fragestellung hin diskutiert: Welche Ambivalenzen entstehen, wenn Kriminalitätskontrolle und -verfolgung einerseits zum verbesserten Schutz besonders gefährdeter/vulnerabilisierter Gruppen eingefordert werden und Kriminalisierung andererseits auf drastische Weise, Rechte und Partizipationsmöglichkeiten einschränkt? Wie greift Kriminalisierung in die Beziehungen zwischen Staat, Bürger*innen, Nicht-Regierungsorganisationen und privatwirtschaftlichen Unternehmen ein? Was bedeutet dies für demokratische Teilhabe und die Grundrechte kriminalisierter Subjekte?
Das Seminar findet online mit synchronen (Plenum als Videokonferenz) und asynchronen Anteilen (Arbeitsgruppenarbeit, Forumsdebatten) statt. Voraussetzung für die Teilnahme sind die Bereitschaft zur aktiven Beteiligung, Mitarbeit in Kleingruppen und regelmäßigen Lektüre der Seminartexte. Die Seminarsprache ist deutsch und englisch.
Bei Interesse lassen sich die Module 7a/b mit dem Seminar verbinden. Bitte dafür Kontakt mit der Lehrenden aufnehmen. |
Literatur |
Comaroff, Jean & John Comaroff 2016. The truth about crime. Souvereignty, Knowledge, Social Order. University of Chicago Press; Garland, David 2001. Cultur of Crontrol. Crime and Social Order in Contemporary Society. University of Chicago Press. (Dt.: Kultur der Kontrolle); Renzetti, Claire M. 2013. Feminist Criminology. Routledge; Wacquant, Loic 2000. Elend hinter Gittern. Herbert von Halem Verlag. |