Kommentar |
„Berlin, Du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau. Du bist nicht schön und das weißt du auch“ – klar, wissen wir. Und dennoch war und ist unsere Stadt faszinierend. Denn seit Beginn des 20. Jahrhunderts (und beschleunigt seit der administrativen Formierung von Groß-Berlin 1920) wächst die deutsche Hauptstadt nicht nur rasant, sondern wird zu einem Zentrum politischer Polarisierung und tabuloser Unterhaltung, moderner Infrastrukturen und pluralisierter Bildungsangebote. Das Seminar wird diesen Formationsprozessen der modernen Großstadt nachgehen und dabei vor allem die Wechselbeziehungen zwischen Erfahrungswandel und ästhetischer Modellierung rekonstruieren. Im Zentrum des Interesses stehen dabei die Beobachtungsverfahren und Zeichenordnungen in Literatur, Bildender Kunst, Film. Und das wird spannend: Denn in exemplarischen Analysen lässt sich alles lernen, was für den text- und medienanalytisch versierten Städtebewohner noch heute nötig ist. Das Spektrum der behandelten Großstadt-Darstellungen reicht von großartigen Bildern postimpressionistischer, expressionistischer und neusachlicher Künstler (wie Max Liebermann, E.L. Kirchner, Max Beckmann, Wolfgang Held, Rainer Fetting, Matthias Koeppel u.a.) über einprägsame Gedichte (BB, Mascha Kaléko et al.) bis zu den Klassikern Berlin Alexanderplatz von Alfred Döblin und Fabian von Erich Kästner (wo ein Germanist sich durch den Dschungel der Großstadt Berlin schlagen muss). Besondere Beachtung finden die Berlin-Romane und Filme der Gegenwart (Thomas Melle: Sickster, 2011; Lutz Seiler: Stern 111, 2020; Spielfilm Oh Boy, Regie: Jan Ole Gerster). Klar, ziemlich herausfordernd: Doch mit dieser Lehrveranstaltung sieht man die Stadt Berlin und ihre Bilder, Texte, Zeichen mit anderen Augen. |