Kommentar |
Wir befassen uns mit dem innerhalb des Lateinischen gewöhnlich eher stiefmütterlich behandelten Zeitraum vom Ende des 2. nachchristlichen Jahrhunderts bis gegen 600 n.Chr. Man hat diese Zeit als „Periode des Verfalls“ beschrieben: „immer stärkeres Eindringen von Provinzialismen und Vulgarismen […] allmählicher Untergang der Kenntnis der klassischen Schriftsprache, Zerrüttung des Satzbaues, falsche Verwendung der Flexionsformen“ sind ihre Kennzeichen (Sommer/Pfister 1977: 24). Hier tritt das in der ‚goldenen‘ und ‚silbernen‘ Latinität von der Schriftsprache fast völlig verdeckte gesprochene Latein zutage, und hier werden Entwicklungslinien zu den romanischen Sprachen deutlich; selten wird Sprachwandel so greifbar wie in dieser Zeit, die mit dem Beginn der romanischen Sprachen endet.
Zur Illustration der Besonderheiten in Phonologie, Morphologie, Syntax und nicht zuletzt Lexik werden wir unterschiedliches Textmaterial heranziehen (Inschriftliches, Grammatikerzeugnisse, die sog. Appendix Probi); in Auszügen werden wir das Itinerarium Egeriae lesen, in dem eine fromme aber wenig gebildete Pilgerin von ihrer Reise ins Heilige Land berichtet.
Zur Einführung geeignete Literatur:
H. Grandgent (1907), An Introduction to Vulgar Latin, Boston.
Veikko Väänänen (1981), Introduction au latin vulgaire, 3. Aufl., Paris. |