Lange Zeit wurde das Werk des argentinischen Schriftstellers, Dramaturgen und Essayisten Roberto Arlt (1900-1942) von der Kritik am „schmutzigen Rand“ der argentinischen Kultur angesiedelt. Von „Bedeutung“ war er vor allem als Gegenstück des intellektuellen, sprachlich arrivierten und ungleich berühmteren Kosmopoliten Jorge Luis Borges. Arlt stand im Ruf „schlecht zu schreiben“ und dieser vermeintliche Mangel an Güte eines gemeinhin akzeptierten Schreibstils wurde nicht nur insgeheim als Ausdruck von Unbildung und Rohheit gedeutet. Seit den 1980er Jahren findet nun eine zunehmende Neubewertung der Rolle Arlts in der Literaturgeschichte des beginnenden 20. Jahrhunderts in Argentinien statt.
Unter dieser neuen Perspektive sollen in diesem einführenden Seminar etwa die innovativen Leistungen Arlts bei der Übertragung der Erzähltechniken der phantastischen Literatur auf das Theater in den Blick genommen werden. Ebenso erscheint eine Untersuchung der physischen und psychischen „Deformationen“ der vermeintlich randständigen Charaktere Arlts fruchtbar. Wurden diese Figuren vielfach als pathologische Einzelfälle oder als Zeugen eines gescheiterten Immigrationsprojekts betrachtet, so lassen sie sich, so soll dieses Seminar zeigen, als Versuch begreifen, die Widersprüche und das Leiden der Menschen an der Modernisierung schriftstellerisch zu verarbeiten.
In diesem einführenden Blockseminar sollen die Teilnehmer auf der Grundlage eines schriftlichen, vorab an alle Kursteilnehmer verteilten Thesenpapiers einen Teil der jeweiligen Sitzungsmoderation eigenständig übernehmen. Spanisch-Kenntnisse sind für dieses Seminar sicherlich von Vorteil, aber nicht unbedingt notwendig. Die Unterrichtssprache ist Deutsch.
Zur Vorbereitung: Arlt, R.: El juguete rabioso (1926), Los siete locos (1929), Trescientos milliones (1932), Saverio el cruel (1936). |