Kommentar |
Mit „dem Ziel, durch Deregulierung, durch Leistungsorientierung und durch die Schaffung von Leistungsanreizen Wettbewerb und Differenzierung zu ermöglichen sowie die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschulen für das 21. Jahrhundert zu sichern“ (Deut-scher Bundestag, 1997) hielten in den 1990er Jahren Reformen im Stile des „New Public Management“ (NPM) Einzug in die bundesdeutsche Hochschul- und Wissenschaftslandschaft (u. a. Hood, 1991; Hüther & Krücken, 2018; Noordegraaf & Abma, 2003; Vogel, 2009). Eine steigende institutionelle Autonomie in organisationalen, finanziellen und personalrechtlichen Belangen, eine Stärkung der Kompetenzen der Leitungsebenen, eine Beförderung wettbewerblicher Ressourcenallokation sowie eine Nutzung indikatorbasierter Outputsteuerung konstituieren ein „neues Steuerungsmodell“: Anhand von Hierarchie, Wettbewerb und Output-Kontrolle sollen Hochschulen zielorientiert und wettbewerbsfähig gesteuert werden. Die bislang dominanten Koordinationsformen der akademischen Selbstorganisation und die Input-Kontrolle (staatliche Detailsteuerung) verlieren an Bedeutung (u. a. Grande et al., 2013; Hüther & Krücken, 2018; Welpe et al., 2015). Über die Effektivität der NPM-Reformen wird seit mehreren Dekaden intensiv diskutiert. Anlass dieser Diskussionen sind insbesondere die Spezifika von Hochschulorganisationen. Die binnenorganisatorische Wirkweise des neuen Steuerungsmodells wird von pluralistischen Rahmenbedingungen beeinflusst: Von potentiell widersprüchlichen Ansprüchen und Zielen, die von multiplen Akteuren geprägt sind, von kollegialen Entscheidungsprozessen und von wissensintensiven Kerntätigkeiten (Denis et al., 2007). Diverse Untersuchungen legen dar, dass das neue Steuerungsmodell aufgrund dieser Rahmenbedingungen mit unbeabsichtigten Effekten einhergeht (u. a. Frost et al., 2016; Grande et al., 2013; Welpe et al., 2015). Studien zeigen beispielsweise, dass sich durch die Relevanz indikatorbasierter Output-Steuerung zwar die Quantität, nicht jedoch die Qualität wissenschaftlicher Outputs erhöht (Osterloh, 2010), dass riskante Forschung mit hohem Innovationspotential aufgrund sich wandelnder Förderstrukturen benachteiligt wird (Whitley et al., 2018), oder dass professionsspezifische Normen im Rahmen kollegialer Entscheidungsprozesse zu einem konsensorientierten „Nichtangriffspakt“ (Schimank, 2001, S. 233) führen, welcher die strategische Steuerungsfähigkeit von Universitäten einschränkt (Kleimann, 2016). Die binnenorganisatorischen Implikationen der Reformen stehen im Fokus des Seminars „Management & Governance in Hochschulen“. Die Studierenden arbeiten zunächst im Rahmen von Dokumentenanalysen Kompetenzen und Zuständigkeiten der Leitungsorgane in Hochschulen heraus. Im Anschluss werden unter Zuhilfenahme aktueller Literatur gegenwärtige Herausforderungen des Hochschulmanagements aufgearbeitet, analysiert und diskutiert. Dabei werden sowohl die Makro-, Meso- und Mikrobene fokussiert. |