Kommentar |
Jean Racine ist, mit Pierre Corneille und Molière, einer der drei großen Dramatiker des ‚siècle classique’, des französischen 17. Jahrhunderts. Protagonistin seiner Tragödien, die sich zunächst an der Figurenpsychologie Corneilles orientieren, dann aber zunehmend eigene Wege gehen, ist die ‚passion’. Als zerstörerische Liebesleidenschaft ergreift sie vom einzelnen Menschen Besitz und treibt ihn in den Untergang. Die dramaturgischen Mittel unterstreichen die Ausweglosigkeit, in der sich die Figuren befinden: die Reduzierung des äußeren Geschehens und die skrupulös eingehaltenen Regeln der drei Einheiten von Zeit, Ort und Handlung tragen zur Konzentration der Konflikte bei und lenken die Aufmerksamkeit auf das Innenlebens der Protagonisten. Racines spätere Dramen Esther und Athalie greifen religiöse Sujets auf und sind im Kontext einer vertieften Spiritualität zu sehen, die auf den Jansenismus des Klosters Port-Royal zurückzuführen ist, der auch schon auf die früheren Dramen Einfluss hatte. Im Seminar werden wir, neben der Beschäftigung mit der klassischen Dramentheorie und einem längeren Blick auf Corneilles Le Cid (1637), folgende Tragödien Racines lesen: Andromache (1667), Britannicus (1669), Phèdre (1677) und Esther (1689). Bitte besorgen Sie sich die Texte in den Semesterferien (Taschenbuchausgaben von Gallimard, Flammarion o. ä. bekommen Sie über Internetversand). Zur ersten Sitzung wird die Lektüre von Le Cid und Phèdre vorausgesetzt. |