Kommentar |
Fast ein halbes Jahrhundert ist es her, dass Linda Nochlin mit der titelgebenden Frage eine institutionskritische feministische Kunstgeschichte einleitete. Ihr gleichnamiger Essay von 1971 problematisiert u.a. den mangelnden Zugang zu Ausbildungsstätten, der Frauen historisch davon abgehalten habe, große Künstlerinnen zu werden. Seitdem hat sich viel getan, und Frauen scheinen gleichberechtigt am Kunstbetrieb teilnehmen zu dürfen. Dennoch war etwa das Berliner Gallery Weekend noch 2019 zu 75% von weißen, männlichen Künstlern dominiert. Unter den Hashtags #achtungweisswurst und #nomoredicksoup plädieren einige Akteur_innen für mehr Inklusion nicht-weißer und nicht-männlicher Künstler_innen. Noch immer geht es um Sichtbarkeiten, Zugänge und Partizipation. Welche internalisierten strukturellen Voraussetzungen sind für dieses fortbestehende Ungleichgewicht verantwortlich? Wie wurden sie bislang diskutiert und wie haben sich diese Diskussionen im Laufe eines halben Jahrhunderts verändert, etwa unter dem Stichwort Intersektionalismus?
Das Seminar führt in die Zusammenhänge von Kunstgeschichte, Feminismus und Institutionskritik ein. Anhand ausgewählter Texte, künstlerischer Positionen, aussagekräftiger Ausstellungen und aktueller Debatten versuchen wir, das komplexe Problem der mangelnden institutionellen Sichtbarkeit von Personen, die nicht cis, weiß und männlich sind, historisch nachzuvollziehen und aktuell einzuordnen. |