Kommentar |
Märchen und insbesondere die sogenannten „Volksmärchen“ der Gebrüder Grimm stehen seit einigen Jahren in der Kritik: Neben der Frage, ob Kinder Märchen in heutiger Zeit noch brauchen oder inwiefern gerade die Märchen der Gebrüder Grimm einer veralteten bürgerlichen Welt angehören, sind auch Weiblichkeitsbilder und Geschlechterkonstellationen in Märchen heftiger Kritik ausgesetzt. Das SE geht anhand eines methodengeschichtlichen Zugriffs der Frage nach, ob Märchen den Erfahrungsweisen und Problemkonstellationen heutiger Gesellschaften noch entsprechen. Denn in besonderem Maße zeigt sich auf diesem Gebiet ein Pluralismus an Deutungsansätzen, die von (tiefen-)psychologischen und psychoanalytischen Deutungen über strukturelle Analysen, marxistische, soziologische und ideologiekritische Märcheninterpretationen bis zu feministischen und utopischen Deutungen reichen. In ihnen werden stets und aus stark differierenden Perspektiven Wert und Sinn von Märchen mitverhandelt. Das SE vermittelt einen Überblick über verschiedene Methoden der Literaturwissenschaft am Beispiel der Märcheninterpretation. Gelesen werden u.a. Texte von Walter Benjamin, Ernst Bloch, Christa Bürger, Eugen Drewermann, Sigmund Freud und Heide Göttner-Abendroth. Ziel des SEs ist es, aus der Vielzahl von Deutungen eine erweiterte Sicht auf die gesellschaftlichen, individuellen und konzeptuellen Funktionsweisen von Märchen zu ermöglichen und kritisch zu reflektieren.
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