Kommentar |
Im Corpus der Aischylostragödien ist ein seltsames und eindrucksvolles Stück überliefert, der ‚gefesselte Prometheus‘ (Promētheus desmōtēs). Hier tritt Prometheus als Menschenfreund und Kulturstifter auf, der von den Schergen eines finsteren Zeus am Rande der Welt an einen Fels geschmiedet wird. Das Stück besteht hauptsächlich aus einer Reihe von Besuchsszenen: der unglückliche Titan wird von den Okeaniden, Okeanos selbst und Io an seinem Strafort besucht. Doch Prometheus besitzt ein für Zeus äußerst wichtiges Geheimwissen, das ihm Hermes entlocken will. Prometheus sträubt sich; am Ende werden alle durch einen Blitzschlag des frustrierten Zeus in die Erdtiefe versenkt. Das Stück weist so viele Besonderheiten auf (u.a. eine relativ einfache Sprache!), dass die Echtheitsdiskussion bis heute andauert. Wir werden das Stück ganz lesen und den mit ihm zusammenhängenden Fachdiskussionen folgen.
Texte: M.L. West, Aeschylus. Tragoediae, Stuttgart 1990; D.L. Page, Aeschyli septem quae supersunt tragoediae, Oxford 1989. Mit kurzem Kommentar (empfehlenswert): M. Griffith, Aeschylus, Prometheus Bound, Cambridge 1983 (repr. 2008). Zur Einführung: M. Griffith, The Authenticity of the Prometheus Bound, Cambridge 1977. I. Ruffell, Aeschylus: Prometheus Bound, Bristol 2012 (Einführung). Vielleicht lesenswert (non vidi): P. Handke, Prometheus, gefesselt, Frankfurt 1986. |