Kommentar |
Das Jahr 1989 markiert eine Zäsur in der geschichtspolitischen Landschaft Deutschlands und Europas: Der Realsozialismus wird in Vergangenheit transformiert und es stellt sich die Frage nach seiner geschichtspolitischen Verortung. Zudem treffen unterschiedliche Arten des Umgangs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Ost und West aufeinander – durch die teilweise proklamierte 'Konkurrenz' der Erinnerung an Stalinismus und Nationalsozialismus erfolgt auch eine Neu-Justierung des Gedenkens an den NS. Bei diesen Prozessen entstehen mitunter heftige Erinnerungskonflikte, die bis heute andauern. Das Tutorium widmet sich diesem konfliktreichen Erinnerungsfeld der „zweifachen Vergangenheit“ aus einer interdisziplinären und vergleichenden Perspektive und betrachtet dabei sowohl den nationalen Kontext in Deutschland als auch den gesamteuropäischen Raum: Welche geschichtspolitischen Konflikte manifestieren sich in diesen Auseinandersetzungen und wie werden sie konkret verhandelt? Wir werden diesen Konflikten an Hand verschiedener empirischer Beispiele wie etwa Gedenkorten und Gedenktagen nachspüren. Nach einer gemeinsamen theoretischen und empirischen Einarbeitungsphase sollen eigenständig kleine Forschungen zu einer selbst gewählten Fragestellung durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Forschungen werden zum Abschluss des Semesters präsentiert und zur Diskussion gestellt. Das Tutorium richtet sich an Studierende verschiedenster Fachrichtungen, etwa der Geschichtswissenschaft, der Europäischen Ethnologie, der Kulturwissenschaften, der Politik- und Sozialwissenschaften oder auch der Stadtforschung. Eine Teilnahme ohne Vorkenntnisse ist möglich. |
Literatur |
König, Jana / Steffen, Elisabeth (2011): Vom Umgang mit der „zweifachen Vergangenheit“. Europäische Geschichtspolitiken im Postsozialismus, Berlin, unveröff. Molden, Berthold (2009): Mnemohegemonics. Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im Ringen um Hegemonie, in: ders. / David Mayer (Hg.): Vielstimmige Vergangenheiten. Geschichtspolitik in Lateinamerika (= Atención, Vol. 12), Wien, 31–56. Siebeck, Cornelia (2010): Gedächtnis, Macht, Repräsentation. Zur (Un-)Möglichkeit ‚demokratischer’ NS-Gedenkstätten, Abstract für einen Vortrag auf dem 16. Workshop zur Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager in der Gedenkstätte Auschwitz, unveröff. Pethes, Nicolas (2008): Rituale: Feiertage und Gedächtnisorte, in: ders.: Kulturwissenschaftliche Erinnerungstheorien. Zur Einführung, Hamburg, 83-93. Morsch, Günter (2010): Geschichte als Waffe. Erinnerungskultur in Europa und die Aufgabe der Gedenkstätten, in: http://www.gedenkstaettenforum.de/offenes-forum/offenes-forum/news/geschichte_als_waffe_erinnerungskultur_in_europa_und_die_aufgabe_der_gedenkstaetten. |