Kommentar |
Gustav Landauer (1870-1919) ist noch wenig bekannt. Dennoch hinterließ er einen bleibenden Eindruck bei so bedeutenden Zeitgenossen wie Martin Buber, Gershom Scholem, Walter Benjamin, Ernst Bloch, Kurt Eisner, Margarete Susman, Erich Mühsam u.a. Einen Eindruck hinterließ Landauer auch bei der politischen Polizei Preußens, in deren Akten der pazifistisch geneigte „Schriftsteller“ schon bald als der „in ganz Deutschland (...) bedeutendste Agitator der radical-revolutionären Bewegung“ zu Buche schlug. Landauer war ein überaus produktiver und hoch angesehener Literatur- und Theaterkritiker, Dramaturg, Kulturphilosoph, Essayist, Übersetzer, Vortragsredner, Roman- und Novellenautor, freiheitlicher Sozialist, Antipolitiker und Publizist. Dass Landauer noch heute als großer Unbekannter innerhalb des ihn umgebenden Geflechts geistesgeschichtlicher Beziehungen erscheint, mag einerseits an seiner Selbstbezeichnung als „Anarchist“ andererseits an der Unmöglichkeit liegen, ihn, der 1893 „mangels sittlicher Befähigung“ von der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität und sämtlichen preußischen Universitäten ausgeschlossen wurde, einer Disziplin zuzuordnen. Er saß gleichsam zwischen allen Stühlen, disziplinär wie auch politisch, und dies noch innerhalb der anarchistischen Bewegung. Gerade diese Position im Dazwischen jedoch macht eine Beschäftigung mit seinem Werk auch aus interdisziplinärer Perspektive besonders ertragreich. Durch eine thematische Dezentrierung Landauers sollen die zeitgeschichtlichen Bedingungen und das politische, kulturelle und personelle Umfeld seiner Wirksamkeit in den Blick geraten. Eine zweite Dezentrierung soll durch die Frage erreicht werden, was ‚freiheitliches Denken‘ überhaupt sei, um so auch nach einer möglichen Aktualität von Landauers Denken fragen zu können. Im Sommersemester sollen verstärkt auch die Nachwirkungen Landauers im 20. Jahrhundert (u.a. bei Walter Benjamin, Ernst Bloch, Martin Buber und in der Kibbuz-Bewegung) thematisiert werden. Der Besuch des PTs im vergangenen Semester ist keine Teilnahmevoraussetzung, allerdings die Bereitschaft zur Lektüre zentraler Texte. Das Projekttutorium wird begleitet durch einen Blog: http://ptgustavlandauer.wordpress.com/2012/08/06/pt533589/
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